Zwei Fragen sind ganz dringend zu stellen:
a
– kann die gegenwärtige Elite bzw. die Art und Weise
der Steuerung des
Gemeinwesens beibehalten werden bzw. ist sie in der Lage des Wandel zu
gestalten und zu führen oder muss sie mehr oder weniger
schmerzhaft abgeschafft
werden?
b
– wie soll dann die Steuerung der neuen Gesellschaft aussehen?
Die
erste Frage, die bereits schon fast verfassungsfeindlich anmutet, muss
man vor
dem Hintergrund zunehmender Fehlleistungen der gegenwärtigen
Politikerriege und
dem augenscheinlich Machtstreben der handelnden Personen sehr laut
stellen. Heute
zeichnet sich nicht ab, wie eine Gruppe von Personen jenseits der 60
Jahre mit
tief verwurzelten Lebenserfahrungen, geprägt von den Werten
einer
Familiengeneration, die noch weiter zurück in der
Industriegesellschaft gelebt
hat, jemals erkennen soll, welche Erfordernisse der
(revolutionäre) Umbruch hin
zu einer DL-Gesellschaft hat und wie man sie in einem Staats- und
Rechtssystem
abbildet.
Es
ist daher nur zu vermuten (zu befürchten) dass es,
ähnlich dem Übergang zur
industriellen Gesellschaft, eines revolutionären Umsturzes
bedarf, der umso
schmerzhafter und chaotischer wird, je länger ein veralteter
Überbau über einer
sich wandelnden Erwerbsgesellschaft steht.
Gegenwärtige
Tendenzen, wie:
*
Paternalismus als Berufskrankheit des Politikers bis hinunter zum
öffentlich
bediensteten Sachbearbeiter
*
die Politikfrustration weiter Bevölkerungsschichten
*
geringe Wahlbeteiligung trotz brennender Sachthemen
*
der Trend der Volksparteien zur profillosen Mitte
*
die Zersplitterung politischer Interessen und die Bildung von
Randparteien
*
die Radikalisierung von gesellschaftlichen Minderheiten
*
die Verbrämung radikaler Regierungsmethoden bis hin zur
Glorifizierung des
„starken Mannes“
*
die Verweigerung bzw. verwaltungstechnische Behinderung von
Volksentscheiden
*
die bewusste Missachtung bzw. Ausschaltung von Gesetzen durch
Behörden und
Mitarbeiter unter dem Vorwand: „man weiß es an der
Basis ja besser als der
Gesetzgeber“
*
die
Überschneidung von exekutiver und legislativer Gewalt auf
kommunaler Ebene
sind
nur Zeichen eines Verschleißes des gegenwärtigen
Systems demokratischer
Willensbildung.
Diese
rein nationalen Auswirkungen spiegeln sich aber ebenso auf
internationaler Ebene
ab. Der Versuch der „scheidenden“
Industrieländer allen anderen eine Demokratie
aufzudrücken und der Kampf gegen jede Form von
Machtbestrebungen anderer
Strukturen ist kein Zeichen von Überlegenheit und
Souveränität.
Die
Steuerung der neuen Gesellschaft könnte z.B. wie folgt
aussehen und damit einer
Volksherrschaft deutlich näher kommen, als es die heutige
Demokratie ist.
a
– In der Verfassung wird ein juristischer Zwang zur Mitarbeit
in der
demokratischen Willensbildung eingeführt, der dem Zwang zur
Mitgliedschaft in
einem Geschworenengericht der USA gleichkommt. Hinzu kommt eine
Schulausbildung
mit dem Pflichtfach „Demokratie“.
b
– im statistisch abgesicherten Zufallsverfahren wird aus den
Einwohnern der
Gebietskörperschaft ein Volksvertretung ermittelt und bestimmt
(je 200.000
Einwohner ein Vertreter). Hier kann es zwar über die
statistische Streuung dazu
kommen, dass die Abgeordneten nicht gleichverteilt über die
Fläche sind, jedoch
ist dies mit gegenwärtigen Parteimandaten auch kaum
gewährleistet.
Die
Auswahl der Vertreter erfolgt geheim. Es gibt keine offizielle Liste,
um
gezielte Einflussnahme von Lobby und Umfeld zu begrenzen.
c
– dieser Vertreter wird von der Arbeit entgeltlich
freigestellt. Er erhält eine
fixe Abgeordnetenvergütung, deren Steigerungen sich einzig und
allein am
Durchschnitt aller Einkommen orientiert. Eine Änderung der
Vergütung liegt
allein im Volksentscheid und nicht in der Hand der Abgeordneten.
d
- die Berufung erfolgt für 24 Monate. Dabei sollten eventuell
die ersten 6 Monate
der Einarbeitung und die letzten 6 Monate der
„Amtsübergabe“ dienen, d.h. in
diesem Zeitraum gibt es jeweils eine doppelte Anzahl von Abgeordneten.
Ersatzabgeordnete oder ähnliche Instrumentarien sollte es
nicht geben. Sinkt
die Zahl der aktiven Abegordneten (z.B. durch Krankheit oder Tod) unter
eine
statistisch kritische Schwelle, so sollte einfach eine neue Auswahl
getroffen
werden. Das Auswahlverfahren ist mit Sicherheit billiger als eine
Bundestagswahl mit Plakatewahn und Urnengang.
e
- Vorlagen bzw. Vorschläge, welche Sachfragen erarbeitet und
später durch die
Abgeordneten entschieden werden, können aus sehr verschiedenen
Richtungen
eingebracht werden. Primär wird dies sicher die Verwaltung
sein, aber auch
Abgeordnete oder Bürgerbegehren (a la des bestehenden
Petitionssystems) sind
vorlagenberechtigt.
f
- es ist ein „Ältesten- oder Expertenrat“
zu wählen. Er besteht aus
Abgeordneten, die jeweils über ihre Wahlperiode hinaus, noch
eine zweite
Wahlperiode im Rat verbleiben und für die Formulierung der
Entscheidungsvorlagen
verantwortlich sind. Ziel ist es, dass keine Manipulationen allein
schon in der
Fragestellung auftauchen.
f
– dem Abgeordneten werden für alle relevanten
Entscheidungen die bestehenden
Informationen umfassend und wertungsfrei zur Verfügung
gestellt, dies schließt
die Konsultationsmöglichkeit untereinander (Blog / Chat) bzw.
entsprechender
Fachgremien / Ministerien ein. Der Abgeordnete ist jedoch in der Wahl
seiner
Informationsquellen vollkommen frei und kann aktiv jede notwendige
Information
einfordern.
g
– er entscheidet in geheimen, nicht
fraktions-/parteigebundenen Abstimmungen
online ab. Ein Präsenzkabinett wird es nicht mehr geben. Es
ist lediglich in
Katastrophenfällen vorzusehen.
f
– der Staatsapparat ist an diese Entscheidungen ohne Wenn und
Aber gebunden.
Auch wenn die Entscheidung augenscheinlich falsch ist, so ist sie doch
Ausdruck
des Volkswillens und damit bindend.
„Fehlentscheidungen“
im Sinne von Mehrheiten, die sich gegen Verfassungsgrundsätze
oder Völkerrecht richten,
können nur dadurch verhindert werden, dass solche
Entscheidungsvorlagen
entweder zuvor einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden
oder eine
Aussetzungsklausel im Sinne der Anrufung des Verfassungsgerichtes
besteht.
Ein
solches System ist zwar sicher nicht vor Manipulationen durch die
Medien oder
Interessengruppen geschützt, aber auch dies kann durch
Strafbewehrung bzw. die
Geheimhaltung des Abgeordnetenstatus eingeschränkt werden. Das
System würde
aber ein Machtstreben Einzelner ausschalten, Gruppenbildungen stark
erschweren
und den politischen Entscheidungsprozess vom wirtschaftlichen und
Machtstreben
des Politikers (falsches Anreizmodell) lösen. Auch der
Einfluss von
Lobbyinteressen wäre durch die Dezentralisierung begrenzt.